gute Bakterien und Probiotika
Die Zahl verordneter Antibiotika ist – in der kühlen und kalten Jahreszeit – besonders hoch. Das geht aus Statistiken des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung in Deutschland hervor. Die Mittel werden eingesetzt, wenn der Erreger eines Infekts ein Bakterium ist und der Körper nicht selbst damit fertig wird, Zum Beispiel bei Lungenentzündungen oder hartnäckigen Blasen- oder Halsinfektionen.
So wichtig Antibiotika auch sind sie töten nicht nur das für die Krankheit verantwortliche Bakterium ab, sondern auch viele andere Mikroorganismen im gesamten Körper. Das bringt ein empfindliches Gleichgewicht durcheinander, das jeder von uns in sich trägt : das Mikrobiom des Darms, auch als Darmflora bezeichnet. Dieses System der Mikroorganismen in unserem Verdauungstrakt ist fein justiert. Wie im Regenwald habe jedes Lebewesen seine Funktion und seine eigene Nische.
Im Grunde wirken Antibiotika auf die Vielfalt der Bakterien ähnlich wie ein Unkrautvernichtungsmittel. Es beseitigt nicht nur Schädlinge, sondern auch Lebewesen mit wichtigen Aufgaben im jeweiligen Ökosystem. Grundsätzlich ist das Mikrobiom recht flexibel und passt sich ständig den wechselnden Gegebenheiten an. Schon ein Urlaub oder das Kantinenessen am neuen Arbeitsplatz bringt Veränderungen im Darm, auf dies sich das Mikrobiom einstellen muss.
Es wird beeinflusst von Alter, Hormonen, Genetik, Immunsystem, Lebensstil, Jahreszeiten und durchschnittlich von jedem vierten Medikaent, wie ein Laborscreening ergab, dessen Ergebnisse 2018 im Fachmagazin Nature veröffentlicht wurden. Doch kein Arzneimittel bewirkt einen Kahlschlag, wie ihn Antibiotika verursachen.
Etwa ein halbes Jahr dauert es, bis sich unser Mikrobiom von einem Breitband-Antibiotikum erholt. Eine lange Zeit in der es die ihm zugedachte Aufgabe nicht erfüllen kann und wichtige Prozesse im Körper nicht richtig ablaufen. Entsprechende Studienergebnisse haben Wissenschaftler des Max-Delbrück-Centrums für Molekulare Medizin in Berlin im Fachmagazin Nature Microbiology publiziert.
Obwohl sich die Bakterienstämme in ähnlicher Verteilung wieder einstellen, kann der eine oder andere Stamm komplett verschwinden, so die Erkenntnisse. Das Mikrobiom ist also nie wieder genauso aufgebaut, wie vor der Medikamenteneinnahme.
Doch gibt es stets Nischen, in denen kleine Mengen an Bakterienarten überleben. Idealerweise erholen sie sich in den folgenden Tagen und Wochen wieder und werden zu größeren, starken Gruppen. Gezielt unterstützen kann man diese Regeneration mit Hilfe der Nahrung. Präbiotische Lebensmittel enthalten Futter für wichtige Darmbakterien.
Diese bieten Nahrung in Form von löslichen und unlöslichen Ballaststoffen. Besonders ergiebige Quellen sind zum Beispiel Artischocken und Schwarzwurzeln. Damit die Bakterien diesen Dünger bekommen und wachsen können, sollte man besonders bestimmte Getreideprodukte essen, Zu empfehlen sind Getreideflocken, grobkörniges oder auch fein ausgemahlenes Vollkornbrot. Diese Nahrungsmittel sind ideales Futter für eine ganze Reike von Mikroorganismen in unserem Darm – ebenso wie jede Art von Gemüse sowie zum Beispiel Äpfel und Mandeln.
Positiv wirken sich Lauchzwiebelgewächse wie Zwiebeln und Knoblauch oder Hülsenfrüchte wie Linsen aus. Diese sind zwar für Manche schwer verdaulich und können Blähungen verursachen. Das ist aber immer auch eine Frage der Dosierung und des richtigen Kauens, denn Blähungen entstehen vor allem, wenn die Nahrung nicht verdaut wird, sondern erst im letzten Drittel besonders im Dickdarm, von den Bakterien zersetzt werden. Rote Zwiebeln sind leichter verträglich als weiße, rote Hülsenfrüchte leichter als braune. Der Anteil der wichtigen Ballaststoffe ist jedoch etwa gleich.
Bewährt haben sich Karotte. Karotten setzen den Quellstoff Pektin frei. Der hilft, die Stuhlfrequenz zu normalisieren und die Ausscheidungen im Fall einer Durchfallerkrankungen fester zu machen. Gut zu wissen – denn Durchfälle sind eine häufige Begleiterscheinung einer Antibiotika-Therapie.
Auf einige Nahrungsmittel sollte man dagegen eher verzichten. Dazu gehören besonders Produkte mit Weißmehl und Weißzucker, wie Weißbrot oder Süßigkeiten. Lebensmittel mit künstlich modifizierten Inhaltsstoffen wie Fast Food und Fertiggerichte sind ebenfalls ungeeignet.
Wichtig – auch die als gesund geltenden, hoch dosierten Probiotika-Präparate sind während und direkt nach der Antibiotika-Therapie nicht sinnvoll. Im Unterschied zu Präbiotika dienen sie nämlich nicht als Futter für Bakterien, sondern enthalten selbst einige wenige Bakterienstämme, die das Mikrobiom bei funktionellen Störungen im Verdauungstrakt (Reizdarm) stärken sollen.
Eigentlich eine super Sache – doch eine neue Studie hat für solche hoch dosierten Präparate ergeben, dass sie während und direkt nach einer Antibiotika-Behandlung sogar nachteilig wirken. Sie unterstützen zwar bestimmte Spezies, machen es anderen, kleineren Bakteriengruppen dagegen schwerer sich wieder zu vermehren. Wenn aber nur eine bestimmte Art wachsen kann, droht eine Monokultur im Verdauungstrakt.
Generell aber gilt, wenn man das Gefühl hat, da ist etwas aus der Balance, wenn man zum Beispiel mehr unter Blähungen leidet als vor der Behandlung, man bestimmte Lebensmittel nicht mehr verträgt oder sich die Stuhlfrequenz geändert hat, ist eine gezielt probiotische Ernährung angeraten.
Zu den Probiotika gehören saure Lebensmittel wie Sauerkraut oder sauer eingelegte Bohnen sowie natürliche Milchprodukte wie Buttermilch, Quark, Joghurt oder Kefir. Wichtig es gilt nicht „Viel hilft viel“. Der Speiseplan sollte nicht einseitig werden.
Antibiotika werden zudem unterschiedlich gut vertragen. Manche Patienten merken von den Auswirkungen auf den Darm fast nichts, andere reagieren sehr empfndlich.
Die persönliche Ernährung kann die Effekte zudem beeinflussen. Manche Antibiotika werden beispielsweise in ihrer Wirksamkeit geschwächt, wenn man sie zeitgleich mit Milch einnimmt. Das enthaltene Kalzium bindet die Antibiotika.. Dasselbe passiert bei Magnesium-, Eisen-oder Kalziumpräparaten oder Medikamenten mit Aluminium gegen Magenbeschwerden. Man sollte sich deshalb immer genau über mögliche Wechselwirkungen mit bereits verschriebenen Medikamenten erkundigen